Wanderung am 16.12.2017 (findet statt!)

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GRENZGANG IM NORDEN UND OSTEN VON NÜRNBERG

Aktuell Freitag 17:00: Leichter Schneeregen ist möglich, aber die Wanderung findet statt!

Zum ersten Mal unternehmen wir eine Wanderung fast ausschließlich auf dem Stadtgebiet. Unser Revier ist die unmittelbare Zone am Stadtrand. Nur kurz geraten wir auf Abwege und durchstreifen ein Areal knapp jenseits der städtischen Grenze.

Sogar alteingesessene „Stadtteil-Experten“ werden staunen: On Tour stoßen wir auf manch Unverhofftes, Unbekanntes und Verborgenes. Dass historische Bauten am Wegesrand liegen, ist sicherlich zu erahnen. Dass auf dem städtischen Territorium jedoch auch intensive Naturerlebnisse möglich sind, dürfte verblüffen.

Es ist eine Tour der Gegensätze. Sand wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Petrus könnte als „Bühnenbildner“ dem Ausflug einen zusätzlichen Kick geben.

Wann hin?

Der vorweihnachtliche Ausflug ist am 16.12.2017. Obwohl wir mit der U-Bahn und dem Stadtbus anreisen, behalten wir den gewohnten Treffpunkt am Südausgang des Hbf. bei. Wer Lust hat, sollte sich dort um  09:35 Uhr einfinden. Wir bewegen uns in der VGN-Preisstufe A. Den Ticketkauf entscheiden wir wieder kurz vor der Abfahrt. Keine Voranmeldung erforderlich!

 

Anforderungen

Kilometerbilanz: 13,5 Kilometer. Die Mittagsrast (von 13-14,30 Uhr) ist in Ziegelstein nach etwa 8 Km Gehstrecke. Der dortige U-Bahn-Halt bietet die Möglichkeit, die Wanderung zu splitten. Entweder die Tour wird hier beendet oder man stößt dort dazu und läuft nur die Reststrecke von 5,5 Km. Bitte mit mir kontaktieren, falls jemand die Variante 2 wählt. Brettebenes Gelände!

Einstimmung und Details

Zunächst ist Kultur angesagt. Wir starten in Kraftshof, einem schmucken Knoblauchsländer Dorf. Der heutige Stadtteil von Nürnberg besitzt einen historischen Ortskern. Die unterschiedlich großen Höfe sind aus charakteristischem Sandstein. Wir schlendern an den malerischen Häusern entlang und peilen die Pfarrkirche St. Georg an. Sie ist das Prunkstück des Dorfes und ein Baudenkmal von Rang. Stilprägend auch hier der Sandstein. Es ist das beliebteste Postkartenmotiv des Knoblauchlands. St. Georg bietet das seltene Beispiel einer sogenannten Wehrkirche oder Kirchenburg. Sie ist von einem fünfeckigen Mauerkranz mit Ecktürmen umschlossen und diente in Kriegszeiten dem Schutz der Bevölkerung.

Wir schlupfen durch das Torhaus der Wehrmauer. Man steht plötzlich mitten in der Geschichte und atmet Luft früherer Zeiten. Man schaut, staunt und rätselt. Wie mag sich das Leben der Dorfbewohner in diesem Zufluchtsort wohl abgespielt haben? Eine Augenweide der von der Wehrmauer eingefasste Kirchhof mit Kantorhaus und ehemaligem Schulhaus. Auf einer Wiese ein Friedhof mit 37 sarkophagartigen Platten. Die Witterung hat darin gnadenlos ihre Kratzer hinterlassen. Der begehbare überdachte Wehrgang lädt zu einem Ringelpiez ein. Krummbuckelig hindurch, unbequem für die heutige großwüchsige Generation. Ausgetreten der Boden. Spuren von den Kontrollgängen der Späher. Jedes der „Gucklöcher“ gewährt eine andere Blickperspektive ins Umland.

Ein Besuch des Kircheninneren wäre ebenfalls lohnend. Leider ist das Gotteshaus meist verschlossen. Zwei frühere Dorfwirtshäuser suchen die enge Nähe zur Kirchenbastion, wie denn auch anders. Beides stattliche Prachtbauten. Heutzutage regiert in ihren Räumen die Nobel-Gastronomie. Perfekte mittelalterliche Dorf-Idylle am Rande der Großstadt!!!

Eine Straße bringt uns „naus aufs Land“. Längststreifen der Felder. Geometrie mittelalterlicher Dorfflur. Einige Äcker aufgebrochen, andere mit Wintergemüse bestanden. Noch unverstellt der Blick über die Flur. Nichts ist so beständig wie der Wandel. Treibhäuser schießen allerorten aus dem Boden. Gottlob blieb dieses Flurstück bislang davon verschont. Aktuell kann man sich noch an einem makellosen Best-of-Knoblauchsland-Blick zur Wehrkirche und zum imposanten Schloss in Neunhof erfreuen. Wie lange wohl noch?

Ein Katzensprung nur zu einer Waldspitze. Wir stoßen mit der Nase auf ein Rundbogenportal. Es ist der Eingang zum Irrhain, dem Treffpunkt des Pegnesischen Blumenordens. Hierbei handelt es sich um Deutschlands älteste Sprach- und Literaturgesellschaft aus der Barockzeit. Ehedem war der Irrhain tatsächlich ein Irrgarten. Die Mitglieder trafen sich in dem verzweigten Hecken-Labyrinth, um über ihre Werke zu diskutieren. Die Gesellschaft hat ihre Tradition bis in die Gegenwart hinein bewahrt. Völlig gewandelt hat sich dagegen der Dichtergarten: Er präsentiert sich inzwischen als verwilderter Eichenhain. Relikte sind nur noch einige wenige Gedenksteine. Die Natur hat alles wieder selbst in die Hand genommen. So muss man sich den ursprünglichen Zustand des Nürnberger Reichswalds vorstellen. Das Gelände genießt den Status eines Fauna-Flora-Habitats von europäischen Rang.

Ein Besuch des Irrhains ist spannend. Wir kommen an mächtigen, Spalier stehenden Baumriesen vorbei. Viele sind schon Graubärte unter den Bäumen. Das Alter und der Wind haben ihnen mehr oder minder stark zugesetzt. Einige sind nur noch Bauminvaliden, die ihre Strünke drohend in den Himmel recken. Andere haben ganz kapituliert und liegen gefallen am Boden. Durch den Hain zu streunen, ist besonders in der blattlosen Zeit reizvoll. Zur Kulisse von niedergestrecktem Totholz und Baumkrüppeln gesellt sich dann noch der freie Blick auf die bizarre Kronenarchitektur. Speziell an Nebeltagen eine gespenstische Atmosphäre.

Unmerklich haben wir das Stadtgebiet verlassen. Fortan ist ein Rinnsal unser ständiger Begleiter. Das große Staunen stellt sich ein. Es wartet auf uns ein Weg zum Tagträumen. Hier werden sogar Heißsporne zu Romantikern. Die Route durchzieht eine Geländewanne mit urwaldähnlichem Erlenbruchwald. Der urtümliche Waldpfad macht alle Bögen des Wassergrabens mit. Nassstellen müssen umlaufen, gefallene Bäume überstiegen werden. Es kommt keine Langeweile auf. So lieben es naturverbundene Wanderer. Das Besondere ist die Nähe der Stadt zur unberührten Natur!!

Der Untergrund wird sandiger, das Waldbild ändert sich. Es dominieren nun die Nadelbäume. Urplötzlich fordern aufgemalte weiße Kreuze an den Baumstämmen die Aufmerksamkeit des glückseligen Naturfreunds. Eine Tafel klärt auf: <Hier ruhe ewiglich der Spaten ohne ersten Stich. Das Bündnis-Nein-zur-Flughafen-Nordanbindung> . Die schon lange geforderte Nordspanne sollte hier gebaut werden. Die Befürworter wollten dieses schöne Gelände dem Moloch Verkehr opfern. Auf einer „Trauerschleife“ die Häme   < In tiefer Weh und stiller Trauer. Die Flughafen-Nordanbindungbauer> . Ob sich die Naturschützer da nicht zu früh freuen?

Nachdenklich geworden steuern wir über Waldwege und Pirschpfade eine freie „Anhöhe“ an. Sie gewährt einen genialen Blick über den Albrecht-Dürer-Airport. Die Ausmaße des Flughafengeländes sind nirgendwo besser einzusehen. Der Standort auf städtischen Boden eignet sich auch ideal, die Start- und Landevorgänge der Flugzeuge hautnah mitzuerleben.

Kohldampf schieben muss nicht sein, darum schnell ins nahe Ziegelstein.

Es erwartet uns ein Gasthaus mit fränkischer DNA, wie es sie in Nürnberg nicht mehr allzu oft gibt. Vegetarier kommen auch nicht zu kurz. Große Tafeln vor dem Eingang zeigen die Tagesangebote. Die Küchenleistungen sind ehrlich und solide. Grillgerichte vom Buchenholzgrill sind die Spezialität des Hauses. Leider gilt dies erst ab 18 Uhr. Aus dem Zapfhahn fließt Tucher/Zirndorfer. Große Weinauswahl. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist o.K.

Die Wirtsstube präsentiert sich rustikal. Die Gaststätte hat im gesellschaftlichen Lebens des Stadtteils einen festen Platz. Besonders an der Kärwa geht es hier hoch her, zumal in unmittelbarer Nähe am Anger das Herz des Fests schlägt.

Die Tage sind kurz und es ist höchste Eisenbahn, sich wieder auf die Socken zu machen. Unsere Route sucht wieder den Schutz des Waldes. Längere Passage im Mischwald. Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Mannshoher, winterbrauner Farn als Unterwuchs. Der Motorensingsang wird lauter. Unser lauschige Pfad endet an einer vielbefahrenen Straßenkreuzung. Die Hektik der Großstadt hat uns unversehens wieder. Schmucklose Zweckbauten „zieren“  die Straßen. Industriekultur in reinster Form.

Wir entfliehen dem Lärm und der Straßen/Gebäude-Wüste und erreichen flugs eine Wüste der natürlichen Art. Man reibt sich die Augen und glaubt zunächst an eine Illusion. Tatsächlich erwartet uns eine kleine Wüstenlandschaft aus Sand. Auf einer fußballfeldgroßen Lichtung thront eine mächtige Sanddüne. Sie existiert hier seit der Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren und ist bis in die Gegenwart in ihrer Form erhalten geblieben. Seit jeher war Sand ein wichtiger Faktor rund um Nürnberg. Scherzhaft wurde im Mittelalter von der „Sandbüchse des Reichs“ gesprochen. Wir machen eine „Wüstenexpedition“ und stapfen durch die feinen, gelben Sandkörner. Die Vegetation hat im Sand einen schweren Stand. Nur Spezialisten können bestehen. Über Dünen-Ausläufer kehren wir dem faszinierenden Fleckchen Erde den Rücken.

Die Wanderung trommelt zum Finale und glänzt mit einer letzten Attraktion. Ein eigentlich unscheinbarer Bach hat eine romantische, kleine Schlucht geschaffen. In Jahrtausenden sägte er sich in den Untergrund aus Sandstein. Ein Wässerlein als Schöpfer wilder Schönheit. Es verschlägt einem fast die Sprache, solch ein Naturschauspiel auf städtischen Boden anzutreffen. Begleitet von Sträuchern und hohen Bäumen zieht sich ein Genuss-Steig an den Flanken des Geländeeinschnitts entlang. Die erhöhte Trassenführung gestattet eine wunderbare Draufschau auf die Mäander-Kringel des Baches. Initialen eines kleinen, aber höchst produktiven Fließwassers. Der Damm der alten Ringbahn stellt sich in den Weg; ein Durchschlupf lässt uns auf die andere Seite. Das Tal weitet sich und wird parkähnlicher. Mondäne Villen lugen durch die Baumstämme. Wir sind im Stadtteil Erlenstegen. Die Route führt am Naturgartenbad und dem hübschen Wölckernschen Herrensitz vorbei. Es eines von zwei übrig gebliebenen Herrensitze. Früher gab es in Erlenstegen davon 11. Die Wohlhabenden wussten früher schon, wo es sich gut leben lässt. Nicht mehr weit und wir sind in der Ortsmitte.

Der „Erlebnismix aus der Wundertüte“ ist zu Ende. Ein Heißgetränk zum Aufwärmen käme den meisten sicherlich nicht ungelegen. Ein Cafe, das sich erfolgreich in der Bebauung von Erlenstegen versteckt, böte evtl. (Platzprobleme!?) dazu die Möglichkeit. Große Auswahl an Kuchen und Torten aus eigener Herstellung. Geöffnet hat das/die Cafe-Konditorei bis 18 Uhr.

Wann zurück?

Keine Vorgabe. Straßenbahn- und S-Bahn-Halt (nach Nürnberg Hbf. und Lauf a.d. Pegnitz) vor Ort. Kurze Taktintervalle!

Hinweise

  • Eine Wanderung zu dieser Jahreszeit erfordert naturgemäß eine gewisse Wetterresistenz. Aktuell Freitag 17:00: Leichter Schneeregen ist möglich, aber die Wanderung findet statt!
  • Einige nasse Stellen. Gutes Schuhwerk! Überhaupt sollte das Equipment der Jahreszeit angepasst sein.
  • Die Wirte mögen Hunde.