Winterausflug: Mal kurz unterwegs in Reichweite der Noris
Ruhig und bescheiden ist das Revier für unsere Wanderung in der kalten Jahreszeit. Das nähere südwestliche Vorland der Frankenmetropole präsentiert sich meist als Bauernland mit Sprenkeln von kleinen Waldparzellen. Zum Tourenende hin haben wir dann bereits Nürnberger Boden unter den Füßen.
Manche werden reflexartig die Stirn runzeln: Agrarflächen in Verbund mit städtischen Randzonen sollen das Potential für eine erlebnisreiche Wanderung haben? Die Tour belehrt sie eines Besseren, denn im Angebot links und rechts der Route stecken viele Überraschungen. Heißt: Für alle Teilnehmer - auch mit Eingeborenenstatus - hält der Weg ungeahnte Aus-, An- und Einblicke bereit. Der kurze Ausflug (mit nur einer Einkehr!) liefert gute Argumente, sich hin und wieder mal auch eng an den Stadtgrenzen umzusehen.
Wann hin?
Die Wanderung findet am Samstag, den 06.02.2016 statt. Langschläferfreundlich treffen wir uns erst um 12:25 Uhr am Südausgang des Hbf.!Anmeldung ist nicht erforderlich! Wir fahren mit der S 4 (Abfahrt: 12:43 Uhr auf Bahnsteig 22) nach Anwanden. Dazu benötigen wir das Tages Ticket Plus mit der Preisstufe 4. Da die Rückfahrt bereits auf Stadtgebiet beginnt, könnten Einzelfahrscheine sogar die kostengünstigere Lösung sein. Alle Abos der VGN gelten.
Anforderungen?
Die Wanderstrecke misst etwa 10 km und ist so gut wie steigungsfrei. Kinderleichte Tour. Ideal auch für Wandernovizen!
Einstimmung und Details!
Gleich hinter Anwanden verschluckt uns der Wald. Kein Gewusel mehr, nur ungestörter Naturgenuss. Das Gehölz ist in eine winterliche Stimmung getaucht. Leider dauert diese beschauliche Episode nicht lange. Waldaustritt. Eine behutsame Weite, durchbrochen von Feldern und Wiesen tut sich vor uns auf. Altes Kulturland, Rangaulandschaft ohne schreierische Reize; evtl. mit dem weißen Leichentuch des Winters überzogen.
Durch glückliche Fügung hat in diesem Landstrich noch keine Flurbereinigung gewütet. Auf einem angenehmen Erdweg nähern wir uns einem anmutigen Gründlein. Eine kleine Siedlung kauert sich hinein. Unter den Häusern einige altehrwürdige Gehöfte, teils wie aus dem Museum. Nur mit dem Unterschied, dass sie hier an ihrem angestammten Platz stehen dürfen. Man traut seinen Augen nicht: unweit der Großstadt ein solches Dorf-Idyll.
Schöner Pfad im Wald, unterbrochen von den Lebensadern der Nadelbäume. Mirnichtsdirnichts erreichen wir einen weiteren Weiler. Dorffriede, nur gelegentlich verbellt ein aufgeregter Hund die Ruhe. Zauber des Ortes. Er könnte fast einem Märchenbuch entsprungen sein, so weltabgekehrt wirkt er. Und wieder: Alles bekommen wir in einer „einmal-umfallen-Nähe“ zur quirligen Großstadt geboten!!!
Es ist etwa 13:30 Uhr. Der Mittags-Hunger meldet sich bereits ganz tief im Magen. Verblüfft stellen wir fest, dass dem sogar an diesem abseitigen Ort abgeholfen werden kann: Einen griechischen Gastwirt hat es überraschenderweise in das Kaff verschlagen. Seinen Angaben zufolge hat er genau hier sein gastronomisches Glück gefunden.
Schwups treten wir in die sehr einfache Gaststube ein. Hüttenflair. Ein Kachelofen verbreitet Wärme und Gemütlichkeit. Der bei griechischen Lokalen übliche Poseidon-Kitsch darf– wenn auch nur sehr dezent - ebenfalls nicht fehlen.
Die Küche dagegen zeigt sich ohne Brimborium. Im Angebot nur einige wenige der allseits bekannten griechischen Speisen. Darunter auch Fleischloses. Abgespecktes Angebot. Der Wirt hat zwar das „Rad der griechischen Küche nicht neu erfunden“, das Essen ist jedoch o.K.. Ungewöhnlich: Im eigentlichen “Tucherland” können die Gambrinusverehrer und Bierkundler ihren Durst mit einem kühlen Spalter löschen.
Das Wieder-in-die-Gänge-Kommen fällt schwer. Unser Wanderherz lacht. So nah an der Stadt und dennoch unerwartet mitten in der Natur. Ein Steg bringt uns über den Grundbach zu einem Talabzweig. Wieder so ein reizendes Gründlein, wie es für diese Gegend so typisch ist. Eine schöne Wald/Heckengasse weist den Weg in eine nun etwas größere Gemeinde. Auch sie hat Charme.
Den Ort streifen wir nur kurz. Plötzlich Zivilisationsgeräusche. Verkehr pulsiert lärmend auf der Bundesstraße. Irgendwie schmerzend. Nach der wohltuenden Stille in den Talgründen mit ihren verschlafenen Siedlungen hat uns brutal die Hektik wieder. Ein kurzes Stück in Hörweite an der „Spielverderberin“ entlang. Quasi als Entschädigung hält die Route aber einen Aha-Effekt der anderen Art bereit: Mit jedem Schritt baut sich mehr und mehr die „Skyline“ von Stein und Nürnberg vor uns auf. Ausgeräumte Flur als Warte für eine formidable Weitsicht. Das Gebäude-Ratespiel <Gewusst-was> drängt sich auf …!
Unversehens haben wir die Nürnberger Stadtgrenze erreicht. Genug des „Schaulaufens“. Die Lust auf intensives Natur-Erleben stellt sich ein. Bitteschön: Auf Stadtgebiet (!!!) führt ein Steiglein durch einen schluchtartigen Geländeeinschnitt. Ein Rinnsal hat Schwerstarbeit geleistet. Mutter Natur als Bühnenbildnerin. Überall Gestrüpp, in sich zusammengesunkene Bäume und herausgerissene, mächtige Baumstümpfe, moosüberwuchert. Man staunt Bauklötze. Schluchten-Romantik, schummrig-schön. Einer Nassstelle muss etwas problematisch ausgewichen werden. Überhaupt variieren die Beschaffenheit des Trampelpfads, aber auch der Erlebniswert je nach Wetterlage. Vielleicht haben wir das Glück einer längeren Frostperiode. Bizarre Eisgebilde garnieren dann die Gesteinsauswaschungen (Bei zu viel Nässe müssen wir leider die Schlucht auslassen und oberhalb umlaufen).
Viel zu schnell entlässt uns der Graben unmittelbar bei einem historischen Hammerwerk. Sandsteingebäude schön anzuschauen. Man sprürt den Hauch früherer Jahrhunderte. Das Ensemble ist ein Zeugnis aus der Epoche der Frühindustrialisierung.
Hammerwerk, Haus des Fabrikherrn und die Arbeitersiedlung bildeten damals eine Einheit. Die Kulisse beflügelt die Fantasie. Man kann sich unschwer vorstellen, wie früher die Arbeiter zum Feierabend die Fabrikgebäude verließen und sich in ihre Wohnungen zurückzogen. Mancher hat sicherlich noch einen Zwischenstopp in der integrierten Gastwirtschaft eingelegt. Die meisten Gebäude sind heute in einem guten Zustand und auch bewohnt. An einigen nagt allerdings unübersehbar der Zahn der Zeit. Verblasster Glanz.
Ende der Zeitreise. Ab jetzt bestimmt die weite Aue der Rednitz unsere Tour. Schlagartig wird uns bewusst, dass durch das Stadtgebiet von Nürnberg nicht nur die alles dominierende Pegnitz fließt. Genüssliches Schlendern am Flussufer entlang. Ein Wehr bringt die Rednitz zum Tosen und erzeugt Strudellöcher. Bäume, die ihre Äste weit über das Fließwasser strecken. Im Winter zeichnet sich ihr kahles Astwerk scharf gegen den Himmel ab. Glucksen und Gurgeln als Musik in den Ohren.
Abenddämmerung. Der Weg trommelt zum Finale. Der Faberpark oder besser Faberwald ist das letzte Ziel. Angelegt wurde er von den “Bleistiftbaronen” aus Stein als ein Hofgarten im englischen Stil. Seit mehreren Jahren hat man die gärtnerische Pflege reduziert. Gewollte Unordnung; die Natur hat vieles wieder in die Hand genommen. Auf dem inzwischen zu Nürnberg gehörenden Areal sind viele der Bäume geradezu verschwenderisch mit Efeu dekoriert. Mit dieser Nürnberger Naturoase hat die kurze Winterwanderung einen würdigen Ausklang gefunden.
Fazit: Man muss nur die Augen aufmachen und man kann auch an der Schnittstelle der Großstadt zum ländlichen Raum einiges entdecken. Deshalb ist es keine Zeitvergeudung, dafür einen halben Tag zu opfern. Als Dreingabe können wir frische Winterluft atmen und Geselligkeit unter Gleichgesinnten genießen. Darum mitkommen!
Wann zurück ?
Die Stadtbuslinie 67 bietet mehrere Möglichkeiten. Sie verkehrt im 20-Minuten-Takt und steuert die U-Bahnstation Röthenbach an (Fahrdauer 4 Min.). Roland aus der “Westvorstadt von Nürnberg” könnte mit ihr sogar bis zu deren Endhaltestelle, dem Fürther Hbf. (35 Min Fahrzeit), weiterfahren! Auch Jürgen käme mit ihr in nur 5 Minuten zum S-Bahn-Halt in Eibach.
Ich gehe davon aus, dass wir so gegen 17:30 Uhr die Bushaltestelle erreichen.
Hinweise:
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Grundsätzlich ist im Winter mit noch mehr Wetterunbill als sonst zu rechnen. Darum muss eine gewisse Wetterresistenz vorausgesetzt werden. Wenn es draußen aber derart greislich ist, dass auch der sprichwörtliche Hund dort nichts verloren hat, dann findet der Ausflug nicht statt. Auch extreme Bodenbeschaffenheiten werden dabei ein Wörtchen mitsprechen. Eine Absage erscheint dann am Vorabend auf der Homepage unseres Vereins.
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Wetterfeste Kleidung samt geeignetes Schuhwerk sollte selbstverständlich sein.
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Der griechische Wirt ist hundefreundlich.