Dolomitkalk als Hinterlassenschaft des Jurameeres gibt der Kuppenalb ihr besonderes Gepräge. Die Karstlandschaft mit ihren von Wind und Wetter modellierten Felsformationen ist auch reich an Hohlräumen. Speziell diese Naturerscheinung werden wir im Sulzbacher Bergland gezielt anlaufen. Obwohl nur kurz ist die Trasse eines Felsen-Höhlen-Steigs (Fünf Sterne!!!) das Glanzstück der Tour. Wer die „Unterwelt“ intensiver erkunden möchte, kann sogar an einer Führung in einer Schauhöhle teilnehmen!
Nach der Mittagseinkehr in wildromantischer Lage wird die Landschaft allmählich zahmer. Langeweile kommt aber dennoch keine auf: Vorwiegend auf verschlungenen Waldpfaden streben wir Sulzbach-Rosenberg entgegen. In der Herzogstadt lassen wir den Wandertag in einem Stadtbiergarten der Extraklasse ausklingen.
Wann hin?
Wandertag: 10.06.2017. Wir treffen uns um 09.25 Uhr am Südausgang des Hbf. Um 09.43 Uhr, Gleis 19, befördert uns die R 4 nach Neukirchen b. Sulzbach Rosenberg. Interessenten aus dem Raum Lauf a.d.Pegnitz nehmen um 09.36 Uhr die S1 von Lauf (links) nach Hartmannshof und steigen dort um 10.06 Uhr unserem Zug zu. Grund: Die R4 hält nicht in Lauf (rechts)! Wir benötigen das Tages-Ticket-Plus (Preisstufe 10). Eine Voranmeldung kann unterbleiben!
Anforderungen
Die Tour ist unangestrengt gestaltet. Sommergemäß ist sie nicht allzu lang (ca. 11 Km) und die etwa 100 Steigmeter sind kaum zu spüren (eine Ausnahme bildet ein steiler 20 m-Anstieg). Zudem kann der Höhlensteig, der manchmal etwas problematisch ist, ausgelassen werden. 70 % der Wegstrecke sind schattig!
Einstimmung und Details
Zunächst lenkt uns die Route in eine helle Feld- und Wiesenlandschaft. Sie ist von einer kleinteiligen Landwirtschaft geprägt. Zum Glück haben noch keine rechtecksüchtige Technokraten Hand angelegt. Kein strenger Agrarweg, womöglich noch versiegelt, verschandelt die Flur. Wir finden einen Bilderbuchweg vor. Doppelspurig und in der Mitte mit einer grünen Borte verziert. Leicht geschwungen passt er sich harmonisch dem Gelände an. Solche Wege werden heutzutage in freier Landschaft immer rarer.
Es geht um einen Tümpel herum und sanft bergan. Wunderbare Landschaftskulisse. Ein kurzer Stopp und Rückblick lohnt: irgendwie wähnt man sich im Voralpenland. Die Kuppenalb zeigt stolz ihre bewaldeten Buckel.
Die Anhöhe ist geschafft. Unbemerkt haben wir eine geografische Besonderheit erreicht: Wir stehen auf der Europäischen Hauptwasserscheide. Klasse Vorstellung: fallender Regen fließt links über den Rhein zur Nordsee, rechts dagegen über die Donau zum Schwarzen Meer. Wir laufen exakt auf dieser Wassertrennlinie entlang. Ein kaum erkennbarer Pfad bringt uns durch hohes Gras zum nahen Saum einer Waldparzelle. Hinter Bäumen und Strauchwerk versteckt entdecken wir auf beiden Wegseiten verschilfte Wasserstellen. Kurioserweise können sie sich nicht entscheiden, an welches Flusssystem sie ihr Nass abgeben möchten. Wir lustwandeln durch eine reich strukturierte Landschaft. Felder, kleine Waldabteile, Heckenzeilen und Streuobstwiesen im Wechsel.
Wir tauchen in einen Buchenwald ein. Die Landschaft wird nun hochimpulsiv. Uns erwartet ein Pfad mit dem „gewissen Etwas“. Es gibt unendlich viel zum Wundern und Staunen. Unvermittelt sperrt eine Höhle ihr Maul auf, als wolle sie nach uns schnappen. Die tonnenschwere Felshalle ist nach zwei Seiten offen und wird von einem wuchtigen Pfeiler getragen. Totenstille und Dämmerdunkel im rußgeschwärzten Hohlraum. Nach gesicherten Überlieferungen hauste hier eine Zeit lang die „Felsenbärbel“. Sie war eine Art „Aussteigerin“ des frühen 20. Jahrhunderts und zog es vor, im Verborgenen zu leben. Trotz der Unwirtlichkeit fühlte sie sich von Höhlen magisch angezogen und machte sie zu ihrem Domizil.
Es geht keck an Felsgrotten, Löchern und Spalten vorbei. Dolomtblöcke wie Riesenlaibe Schweizer Käse. Ein Gelände wie geschaffen zum „Räuber und Gendarm“-Spielen. Holzspäne liegen am Boden neben einem senkrechten Baumskelett. Der kahle Stamm ist massenhaft mit Löchern durchbohrt. Offenbar will auch die Spechtfamilie ihren Beitrag zum Höhlensteig leisten. Schließlich führt die Route kapriziös durch eine Mini-Felsenschlucht zu einer Abflachung. Hier endet der 1. Teil des Felsensteigs.
Der Kiefern-Buchen-Mischwald lässt immer wieder Blicke auf die Flur offen. Dann rechter Hand ein weiteres Karstphänomen, eine trichterartige Senke, eine sogenannte Ponordoline. Die Decke einer Höhle hat der Erosion nicht mehr standgehalten und ist eingebrochen. Bei Starkregen fungiert der Trichter als „Wasserschlucker“, um schließlich das Nass den porösen unterirdischen Kalkschichten zuzuführen.
Direkt neben dieser geologischen Besonderheit weist ein Schild auf den kürzeren 2. Abschnitt des Höhlenpfads hin. Ein einzeln stehendes Felsriff bietet dazu die Bühne. Wir machen quasi einen Ringelpiez um den Felsen und steigen ihm zuletzt aufs Haupt. Sofort finden wir uns in wildester Natur wieder. Eine gewaltige Felswand lehnt sich wagemutig nach vorne. Nicht selten trifft man auf Kletterer, die sich am kniffeligen Überhang versuchen. Felsgrotten und Löcher garnieren die Felswand. Schließlich führt der Steig durch eine Art Scharte. Etwas beschwerlich in mehreren Kehren durch sie hindurch. Dahinter endet der ausgeschilderte Höhlensteig nun definitiv.
Wir wandern über einen gratähnlich ausgebildeten Bergrücken weiter. Lichte Kiefern und Buchen lassen ein faszinierendes Lichtspiel auf den Waldboden fallen. Vor uns eine Fata Morgana?
Nein, die Blockhütte, die wir ausmachen, ist real. Wir erreichen eine der urigsten Einkehrstätten im Großraum (ähnlich Ossinger-Hütte). Manche Lokalitäten erobern sofort das Herz des Besuchers. So auch hier. Die Lage der Waldschänke neben der Osterhöhle könnte wahrlich nicht schöner sein. Innen ein Kachelofen und Scheibengardinen wie zu Großmutters Zeiten, außen terrassenförmige Tisch- und Sitzreihen.
Wenn die zusätzlich vorhandene Grillhütte nicht geöffnet hat, gibt es nur die üblichen Brotzeiten von Schinken, über Wurst und Käse. Alles sehr solide. Da die Wirtin selbst Vegetarierin ist, bietet sie auch mehrere leckere vegetarische Brotaufstriche an!
Direkt neben dem Blockhaus befindet sich der Eingang zur Osterhöhle. Ich lege jedem einen Besuch der Tropsteinhöhle wämstens ans Herz. Das zur Begehung nötige Licht stammt aus Taschenlampen! Das Schummerlicht sorgt für ein tolles und besonders tiefes Elebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte!!!
Aufbruch und Abschied fallen schwer, zumal der einzige steile Anstieg der Tour von der Hütte aus gut einzusehen ist (gelbe Karte für die Sch...-Planung). Ganz langsam ändert sich der Charakter der Landschaft: Anstelle von Laub- tritt vermehrt Nadelwald. Die dunklen Fichten lassen kaum Licht auf den Waldboden fallen. Der Weg springt verschmitzt auf schmalen Pfaden von einem Waldabteil zum anderen. Nur vereinzelt sind noch Felsen auszumachen. Der Alltag bleibt irgendwo hinter den Bäumen.
Wir unterqueren eine Bahnlinie, die früher für die Montanregion eine große Bedeutung hatte. Eisenerz aus dem Raum Auerbach wurde auf ihr zur Max-Hütte nach Sulzbach-Rosenberg gekarrt. Die Dampfloks mussten auf der Steigstrecke (Wasserscheide) im Doppelspann Schwerstarbeit verrichten. Eine Weile geht es entlang der Bahntrasse und dann hinunter in ein kleines Gründlein. Ein Wässerlein durchzieht den Graben. Schießlich kommen wir in das Dorf Kauerhof (nur Namensgleichheit, keine sonstigen Verbindungen!). Schnell sind wir durch den schläfrigen, aber nicht eingeschlafenen Ort (gute Gaststätte) und landen nach Querung der Bundesstraße in einem schönen Trockental. Nur nach der Schneeschmelze oder längeren Regenperioden führt es Wasser. Zum letzten Mal fletscht die Kuppenalb die Zähne. Zwei Fels gewordene Wächter beäugen uns beim Einscheren ins Tal misstrauisch. Durch ein Waldabteil gelangen wir zur Randbebauung und schließlich fast zum Kern von Sulzbach-Rosenberg.
Grillduft steigt in die Nase. Ausgelagert vor dem Eingang unseres zweiten Verweilorts brutzeln in einer Hütte Bratwürste auf dem Rost. Man wird neugierig. Über Treppen steigen wir in einen wunderschönenen Biergarten hinab. Alter Baumbestand. Das herzogliche Schloss grüßt herab. Eine solche Idylle hat naturgemäß eine große Fangemeinde. Es überrascht, dass nur wenige Plätze regensicher sind. Man reibt sich die Augen und sucht vergebens nach einer angegliederten Gaststätte mit Innenplätze. Der Betreiber setzt - offensichtlich erfolgreich - nur auf seinen Außenbetrieb!!
Selbstbedienung ist angesagt. In der zu einem Schankraum umgebauten früheren Spitalkirche (!!!) wartet ein kalt/warmes Buffet. Beim Betrachten der Speisen in einer verglasten Theke läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Das Angebot ist überaus vielfältig. Man staunt. Diese Art der Essensdarbietung kennt man in den fränkischen Kellern nicht. Alles ist zudem geldbeutelfreundlich. Die Portionen können in verschiedenen Größen geordert werden. Ausgeschenkt wird Kaiserbräu aus Neuhaus und ein Bier aus einer ortsansässigen Brauerei.
Hochzufrieden trotten wir im Angesicht des Schlosses durch den Bürgerpark zum Bahnhof Sulzbach-Rosenberg.
Wann zurück?
Abfahrt ist um 18.29 Uhr. Im Nürnberger Hauptbahnhof fahren wir um 19.16 Uhr ein. Bei der Rückfahrt können wir einen Teil unserer Wanderstrcke vom Zug aus einsehen und den erlebten Tag Revue passieren lassen. Man kommt zu dem Schluss, dass eigentlich der Ausflug als Ganzes ein Fünf-Sterne-Potenzial hatte!!!
Hinweise
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Schmuddelwetter bremst den Ausflug aus, zumal er ja auch „biergartenorientiert“ ist. Darum am Vorabend in die Vereins-Homepage sehen. Eine Absage würde dort erscheinen.
- Die Mitnahme von Hunden ist unproblematisch.
- Trotz der meist schattigen Wegstrecke evtl. an die Mitnahme einer Kopfbedeckung denken. Sonnenschutzcreme?
- Einige grasige Wegstellen; wegen evtl. Nässe entsprechendes Schuhwerk tragen.
- In einer Tropfsteinhöhle steigen die Temperaturen nie über 9 Grad. Deshalb an etwas Warmes zum Überziehen denken!