Ohne unseren Topscorer Marty traten wir wieder einmal mit einem Ersatzspieler an. Ich freute mich, dass unser Bandenchef den Sfr. Wolfgang Scheitler als Ersatz gewinnen konnte.
Dieser verkündete zugleich, dass wir heute - 23.2.18 - ersatzgestärkt zur 6.Runde antreten. Solche Wort sind Musik in meinen Ohren. Sofort wich mein Alptraum einer drohenden Niederlage dem süßen Sirenengesang eines schier unmöglichen Unentschieden gegen den Tabellendritten SK Zirndorf 2. Wir hatten zwar beim letzten Spiel überraschend die Rote Laterne abgegeben, aber Flügel sind uns noch nicht gewachsen.
Sofort grübelte ich über meine Eröffnungswahl.
Ich verwarf Skandinavisch, weil ich keine Ahnung hatte, wie man das mit Weiß spielt, und wählte Schottisch, wovon ich ebenfalls keine Ahnung hatte.
Mein Gegner machte mehrere freundliche Züge, unter anderem stellte er seine Dame vor den König, was sich in der halboffenen e-Linie als problematisch herausstellen sollte. Entnervt gab er nach Figurenverlust und leichten Lähmungserscheinungen auf.
Wir führten also relativ schnell 1:0
Ich verschaffte mir einen Überblick. Brett 1 und Brett 2 (Harald Rost - Krasnikov, Roger Walch - Lange) sahen verdammt nach Schach aus. Brett 3 (Volker Elpelt - Wedel) zog schnell und stand schlecht, Brett 4 (Dietrich Pahlen - Fisch) stand auf Gewinn. Brett 5 (Werner Müller – Weißmann) strebte ein Remis an, und an Brett 6 verkroch sich Bertram in seinen Horst, weil sein Gegner Schwab bisher jede Partie in dieser Saison gewonnen hatte.
Ich widmete mich zunächst vorwiegend Brett 8, unserem Edelersatzspieler (ESP).
Nach einer Abtauschorgie fand er sich in einem Springerendspiel wieder. Die WPA ergab folgendes: (Anmerkung: WPA? = Winis Privat Analyse).
Seidlitz Scheitler
Bauern 6 6
Bauerninsel 3 3
Schwache Bauern 2 5
Mir schwante Übles. Ich fühlte, wie mein erhofftes Mannschaftsremis im Zirndorfer Frostwinter zu erstarren drohte. Was aber dann folgte, schob meine Herzpumpe sofort wieder an. Unser ESP holte sich die zwei schwachen Bauern seines Gegners ab und verlor dabei nur einen.
Die WPFA (Winis Private Folge Analyse) ergab: Hey, jetzt kann man es locker remis halten. Unser ESP aber fing an zu zündeln. Er ignorierte den Freibauern des Gegners und räumte den Damenflügel ab. Anschließend legte er noch ein Scheitla aufs Feuer, verwandelte seinen Freibauern, um den Springer seines Gegners abzuholen und stoppte mit einem Parcours-Ritt den Freibauern des Gegners. Sein übriggebliebener Bauer, der unübersehbar den Marschallstab in Tornister trugt, zwang seinen Gegner zur Aufgabe. 2:0
Horst und ich waren uns einig, es in der nächsten Saison mit einer Mannschaft aus unseren Ersatzspielern zu probieren, mit garantiertem Aufstiegserfolg.
Mittlerweile hatte Werner ein Remis erkämpft,
und Horst hatte es tatsächlich geschafft, dem bis zum heutigen Spiel makellosen Zirndorfer Sfr. Schwab (4 aus 4) einen kleinen schwarzen Fleck an seine weiße Weste zu heften.
Die beiden Remis waren ein weiterer wichtiger Punkt für mein Traumergebnis. Es stand 3:2, denn Volker hatte seine Schnellpartie verloren, was mich nicht erschütterte, da ich Dietrichs Partie immer noch als gewonnen einschätzte.
Harald hatte in der Zwischenzeit ein LS-Endspiel mit einem schlechten Läufer, das auf mich haltbar wirkte.
Aber was Paul Krasnikov da im Endspiel ablieferte, wäre ein Kiebitzgenuss gewesen, hätte er in meiner Mannschaft gespielt. Das Tempieren gegen zwei Schwächen ließ mich schwarzweiße Bauklötzer staunen.
Zunächst widmete ich meine Aufmerksamkeit wieder der langen Walchpartie, da beide sich in Zeitnot befanden und ich als Hilfssherif mit gezücktem Stift bereitstand, um ggf. loszuschießen. Der Anblick der Partie aus der Vogelperspektive zeigte deutlich das Rogerproblem: Raummangel.
Nach der Zeitnot geschah, wie schon gegen Stein, das Walchwunder. Seine Stellung explodierte igelartig und ein paar stachlige Züge später gab sein Gegner auf.
Wir hatten die 4 erreicht. Trotz des Punktes des Zirndorfer Sfr. Paul, der das Endspiel voll krass zu Ende spielte, war ich mit dem Zwischenstand von 4:3 fast zufrieden. Ein Schelm, der nicht das gierige Glitzern in meinen Augen sah, mit der ich Dietrichs Partie betrachtete. Aber oh Schreck, was war da passiert? Dietrichs Gegner hatte tief in seine taktische Trickkiste gegriffen und setzte unserem Kampfseñor arg zu.
Die Spannung knisterte bei allen Kiebitzen.
Ich tigerte rastlos im Spiellokal umher. Einzig Sfr. Schöffer, der langjährige Kreismeistermacher, ahnte wohl, wohin die Reise gehen sollte.
Dietrich bewahrte unter Druck die Nerven und schaukelte sein Schiff mit ein paar Glanzzügen in den Remishafen. 4 ½ : 3 ½ . Danke Dietrich. Der halbe Pahlenpoint war mehr als „big“.
6. Runde am 23.2.18 | ||||||||
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1 | SK Zirndorf 2 | DWZ | - | SW Nürnberg Süd 6 | DWZ | 3½ - 4½ | ||
1 | 2 | Krasnikov, Paul | 1889 | - | 1 | Rost, Harald | 1676 | 1 - 0 |
2 | 3 | Lange, Carsten | 1858 | - | 2 | Walch, Roger | 1671 | 0 - 1 |
3 | 4 | Wedel, Patrick | 1707 | - | 3 | Elpelt, Volker | 1669 | 1 - 0 |
4 | 5 | Fisch, Gerald | 1734 | - | 4 | Pahlen, Dietrich | 1640 | ½ - ½ |
5 | 6 | Weißmann, Peter | 1608 | - | 6 | Müller, Werner | 1624 | ½ - ½ |
6 | 7 | Schwab, Roland | 1604 | - | 7 | Bertram, Horst | 1614 | ½ - ½ |
7 | 8 | Keller, Wendel | 1434 | - | 8 | Berg, Winfried | 1578 | 0 - 1 |
8 | 9 | Seidlitz, Fritz | 1393 | - | 14 | Scheitler, Wolfgang | 1504 | 0 - 1 |
Schnitt: | 1653 | - | Schnitt: | 1622 |
Die Anspannung fiel ab, ich sackte innerlich zusammen und betrachtete ungläubig meinen Mitstreiter. Was für Kerle, die nach dem Höllenritt zu Beginn der Saison so viel Kampfgeist aufbrachten. Beschwingt fuhr ich mit Roger den Kanal entlang in die falsche Richtung. Als ich ihm von meiner Oberpfälzer Sightseeing by Night-Tour mit Egon Betz erzählte, kontrollierte er vorsichtshalber meine Tankfüllung, aber wir gelangten sicher über Bamberg und München in die Allersberger Straße, wo seit Stunden schon seine Frau auf ihn wartete.
Zuhause war ich in voller schwarzweiß-Stimmung, also öffnete ich mir einen weißen Moet & Chandon Champagner Ice Imperial und löffelte ein paar schwarze Fischeier dazu. Dabei zwang ich die beste Ehefrau von allen, mich im 5-Minuten-Takt zu fragen, wie wir gegen Zirndorf gespielt haben. Erst als sie mir drohte, sich künftig nur noch beim Club herumzutreiben, gab ich nach und schlief glückselig ein.
Ich möchte an dieser Stelle noch Sfr. Marty Ehmer zur Hochzeit gratulieren und hoffe, dass seine Braut ein solches oder ähnliches Brautkleid getragen hat
und er dadurch voll inspiriert bei unserem nächsten Wettkampf wieder dabei ist.
W.B.